Frage: Rudy, erzähl bitte für die, die Dich noch nicht kennen ein bisschen über Dich: wo kommst du her und was ist Rudy Giovannini für ein Mensch?Rudy: Ich bin Südtiroler, für die die es nicht kennen, Südtirol ist im Norden von Italien. Ich bin in der Nähe von Bozen aufgewachsen, hier bin ich auch zu Hause. Meine Muttersprache ist italienisch. Früher sang ich klassische Musik, später habe ich es dann mit der volkstümlichen Musik versucht, was ganz gut gelaufen ist und noch immer gut läuft.
Frage: Ist Rudy Giovannini Dein richtiger Name?Rudy: Ja, es ist mein richtiger Name. Nur Rudy wird normalerweise mit i geschrieben, mit y ist es ein Künstlername.
Frage: Warum bist du Tenor geworden und nicht Bariton oder Bass?Rudy: Man ist so, wie man auf die Welt kommt, man hört es am Sprechen und Singen. Man kann die Stimmbänder mit den Saiten eines Klaviers vergleichen. Lange Saiten erzeugen tiefe und kurze hohe Töne. Bässe haben längere Stimmbänder, mit kürzeren ist man Tenor.
Frage: Warum hast Du Dich für eine klassische Ausbildung entschieden?Rudy: Das war eigentlich nicht geplant, sondern kam zufällig. Ich hatte mal eine Oper besucht und war davon so begeistert, dass ich beschloss, Opernsänger zu werden.
Frage: Wie kam es zu der Möglichkeit, bei Arrigo Pola zu studieren?Rudy: Ich hatte bereits während meiner Ausbildung am Konservatorium kleinere Konzerte gegeben. Bei einem dieser Konzerte war auch Arrigo Pola dabei. Er kam anschließend auf mich zu, sagte „Ich habe Deine Stimme gehört, aus Dir kann ein großer Sänger werden, ich würde Dir gerne Privatunterricht geben“.
Frage: Wie muss man sich so eine Ausbildung vorstellen? Lernt man neben grundlegenden Dingen wie z. B. Noten, Stimmbildung und Atemtechnik auch Komposition, Psychologie und Pädagogik (um später selbst unterrichten zu können)? Ist ein Instrument Pflicht oder freiwillig?Rudy: Es ist ein langes schwieriges Studium, man muss viel üben. Zwar nicht den ganzen Tag, sonst hätte man vor allem anfangs irgendwann gar keine Stimme mehr. Aber mindestens 1 Stunde täglich sollte man seine „vocalizi“ (Stimmübungen) machen. Man muss am Konservatorium auch ein Instrument spielen, ich habe Klavier gelernt.
Komponieren kommt aus einem selbst, man hat die Gabe dazu oder nicht. Psychologie und Pädagogik gehören aber nicht dazu. Unterrichten ist für mich derzeit kein Thema, ich möchte singen.
Frage: Gehören öffentliche Auftritte während der Ausbildung dazu?Rudy: Ja, kleinere Konzerte gehören dazu. Man hat ja immer mit dem Publikum zu tun und muss daher auch das lernen.
Frage: Besteht die Prüfung für das Diplom aus einem praktischen und theoretischen Teil bzw. wie läuft die praktische ab?Rudy: Man muss eine Arie singen, aber nur vor einer Prüfungskommission, nicht vor Publikum.
Frage: Du hast auch in einem Musical mitgespielt, was musstest du dafür zusätzlich erlernen?Rudy: Tanzen und Schauspielen
Frage: Wie lange muss man sich für Musical-, Operetten- oder Opernaufführungen vorbereiten?Rudy: Etwa 2 Monate verbringt man täglich 8 – 10 Std. im Theater. Man muss sehr viel üben und auswendig lernen
Frage: Dein Operndebüt war in der Nähe von Verona, in welcher Oper bzw. Aufführung wirktest Du da mit?Rudy: Es war ein Neujahrskonzert mit dem Orchester der Arena, Oper und Operette. Es war eine herrliche Erfahrung für mich.
Frage: Hast du einen Lieblingskomponisten?Rudy: Giuseppe Verdi, mir gefallen aber auch Mozart und Puccini sehr gut.
Frage: Du moderierst bei Deinen Konzerten selbst, hast du das erlernt?Rudy: Auf der Bühne habe ich es im Laufe der Zeit durch zunehmende Erfahrung gelernt.
Frage: Wann und wo war Dein erster Auftritt überhaupt und wann Dein erster TV Auftritt?Rudy: An den ersten Auftritt überhaupt kann ich mich gar nicht mehr so erinnern, ich sang bereits als Kind im Kirchenchor. Nach der Ausbildung in kleineren Konzerten in Meran. Der erste TV-Auftritt war 1994 beim „ZDF Sonntagskonzert“. Ich sang damals „Funiculi funicula“
Frage: Warst du sehr nervös, sind deine Erinnerungen eher positiver oder negativer Art?Rudy: Die Erinnerungen sind positiv, Lampenfieber hatte ich selten.
Frage: Wie und wann bist du zur Volksmusik gekommen?
Rudy: Das war im Jahr 2000, als der Grand Prix der Volksmusik auch für Südtirol geöffnet war. Ich war mit „Amore amore“ dabei habe als Neuling den dritten Platz belegt.
Frage: Hast Du vor, nur noch Volksmusik zu machen (wenn ja, warum) oder gibst Du nebenbei auch noch klassische Konzerte mit Oper, Operette und Musical?
Rudy: Lassen wir uns überraschen, die Zukunft ist noch so weit, es kann alles kommen. Aber ich fühle mich im Moment in der volkstümlichen Musik sehr, sehr wohl, das möchte ich gerne noch lange Zeit machen.
Frage: Du hast viele nennenswerte Auszeichnungen bekommen, welche bedeutet Dir am meisten und warum?
Rudy: Ja, ich habe schon viele schöne Auszeichnungen erhalten. Die schönste und wichtigste bekam ich vor einem Jahr, am 12. August 2006, nämlich den Bergkristall beim Grand Prix der Volksmusik.
Frage: 2006 hast du den Grand Prix der Volksmusik gewonnen, könntest Du Dir vorstellen, auch mal am Eurovision Song Contest oder dem San Remo Festival teilzunehmen?
Rudy: Nein, ich habe eigentlich kein Interesse mehr an Wettbewerben. Ich möchte einfach nur singen und den Leuten damit Freude bereiten.
Frage: Du durftest mehrfach für Papst Johannes Paul II. singen; wie kam es dazu, warum wurdest gerade Du dafür ausgewählt?
Rudy: Der Papst kam früher gerne nach Südtirol, um Spaziergänge zu machen. Dabei lernte er auch die Südtiroler Musik kennen und wünschte sich, dass bei jeder Weihnachtsaudienz ein Südtiroler Sänger oder Gruppe dabei ist. Im Jahr 2002 war ich an der Reihe und wurde dafür ausgewählt und es ging Gott sei Dank weiter.
Frage: Viele schöne Lieder hast du zusammen mit Marco Diana geschrieben. Wie entsteht ein Lied?>
Woher kommen die Inspirationen z.B. für Texte wie Soreghina oder Salve Regina? Was ist zuerst da die Melodie oder der Text?
Rudy: Die Inspirationen bekomme ich, wenn ich mit meinem Mountainbike in die Berge fahre und die herrlichen Gipfel und Gletscher betrachte. Marco Dianas Studio liegt im Vinschgau, vom Fenster können wir die wunderschöne Landschaft sehen, da kommen die Ideen. Mal ist die Musik zuerst da, mal der Text, das ist unterschiedlich.
Frage: Ihr schreibt auch Lieder für andere Interpreten, wie entscheidet Ihr, ob Du sie selbst singst oder einem anderen überlässt, bzw. wem?
Rudy: Da die Lieder von mir sind, kann auch ich sie singen, wenn ich möchte, z.B. „Es war am Lago di Garda“, das ich für die Ladiner schrieb aber kürzlich auch selbst aufnahm. *
(* Anmerkung: Von Rudy Giovannini erschien das Lied auf einer 4er-CD-Box, erhältlich bei www.shop-24-direkt.de)
Frage: Dein Repertoire geht ja weit über Volksmusik hinaus. Auf deinen CDs und Konzerten hört man auch deutsche und italienische Schlager sowie klassische Titel. Trotzdem nennst Du Dich Volksmusiksänger und trittst in Tracht auf. Was ist der Grund dafür und wo ist für dich der Unterschied zwischen Schlagern und Volksmusik bzw. volkstümlicher Musik?
Rudy: Ich mag diese Unterscheidungen nicht. Musik ist für mich Musik. Luciano Pavarotti sagte immer zu mir: man muss versuchen gute Musik zu machen, damit die Leute begeistert sind und zufrieden nach Hause gehen, das ist unsere Pflicht. Das mache ich gerne.
Frage: Du trägst die Bozener Tracht, warum nicht die Deines Heimatortes Leifers?
Rudy: Leifers hat keine eigene Tracht. Da Bozen nur ca. 8 km entfernt ist, ist es die gleiche.
Frage: Du bist ständig unterwegs, hast kein richtiges geregeltes Familienleben, ist das das Leben, das du dir erträumt hast oder ist der Preis zu hoch? Würdest Du Dich nochmals für diesen Weg entscheiden, wenn Du die Wahl hättest?
Und wie schaffst du es, Beruf und Privatleben (Familie, Freundschaften) zu vereinbaren?
Rudy: Ich merke jetzt, dass der Preis sehr hoch ist, hätte ich früher nicht gedacht. Wenn man jung ist und die Karriere noch nicht so hoch ist, empfindet man es als herrlich, viel unterwegs zu sein und in Hotels zu übernachten. Später merkt man dann, dass man oft alleine ist und die Menschen, die man liebt, zu Hause bleiben müssen. Aber wer diesen Beruf so liebt wie ich, kann das ertragen. Ich würde diesen Weg auch jederzeit wieder wählen.
Frage: Du wirst auf eine einsame Insel verbannt, welche drei Dinge würdest du mitnehmen – neben Überlebensnotwendigem und Deiner Familie?
Rudy: Schwimmflossen, damit ich tauchen kann, Fahrrad, eine Tonne Bücher.
Frage: Hast du musikalische und/oder menschliche Vorbilder, wenn ja welche?
Rudy: Musikalisch Luciano Pavarotti, und auch Caruso, weil ich „Caruso der Berge“ genannt werde, ich habe auch alle Aufnahmen zu Hause, die es von ihm gibt; menschlich meinen Vater.
Frage: „Caruso der Berge“ wirst Du wegen Deiner Herkunft und der einzigartigen Stimme genannt. Wer prägte diesen Beinamen?
Rudy: Ich weiß nicht, woher der Name kommt. Er ist langsam entstanden, weil ich früher Opern gesungen habe und aus den Bergen komme. Ich bin sehr stolz darauf, denn für mich ist Enrico Caruso der größte Sänger den es je gab.
Frage: Möchtest Du auch irgendwann in Italien Karriere machen?
Rudy: Kann schon passieren, nur meine deutschen Fans wären wohl nicht so glücklich darüber, wenn ich viel in Italien unterwegs wäre. Aber ich fühle mich in Deutschland sehr wohl, auch in Belgien, oder Österreich, ich brauche eigentlich kein anderes Publikum.
Frage: Ich habe mal gelesen, „Ruhm macht süchtig“. Man gewöhnt sich leicht daran, immer im Mittelpunkt zu stehen und vieles wird selbstverständlich. Wenn das dann ausbleibt, kommt oft das berühmte „schwarze Loch“. Wie schützt du dich davor?
Rudy: Ich hoffe, das passiert mir nicht.
Frage: Wie gehst du mit Kritik um? Du hast mal gesagt, wenn sie ehrlich gemeint ist, bist du dankbar. Wie unterscheidest du zwischen aufrechten Freunden, die konstruktive Kritik üben und den vielen Schönschwätzern, die sich durch ihre bedingungslose Zustimmung dein Wohlwollen erkaufen wollen.
Rudy: Wenn man auf der Bühne steht und tosenden Applaus bekommt, dann weiß man, dass es gut war. Wenn man aber einen Applaus bekommt der nur ca. 4 Sekunden dauert, dann war es vielleicht nicht so gut.
Was Fans angeht, man muss sie verstehen. Sie wollen Dir was Gutes tun und machen Komplimente. Ich bin sicher, dass sie es alle ehrlich meinen.
Frage: Hast Du vor, irgendwann mit eigener Band aufzutreten?
Rudy: Ist sehr schwierig. Konzerte mit Band sind mit viel Kosten, Aufwand, Proben etc. verbunden.
Frage: Nachdem Du auf der letzten CD „Das goldene Wunschkonzert“ ältere Titel neu aufgenommen hast, wird die nächste wieder mit neuen und eigenen Liedern sein?
Rudy: Natürlich. Das Wunschkonzert war eine besondere CD, auf der ich Lieder aufnahm, die ich schon immer gerne gesungen habe und hören wollte. Es wird aber wieder weitergehen wie es früher war.
Frage: Mit wem würdest Du gerne einmal ein Duett singen bzw. ein gemeinsames Konzert geben?
Rudy: Möchte ich derzeit nicht. Das Duett mit Belsy war eine schöne Erfahrung, wir hatten schöne Erfolge, aber ich bin auch gerne alleine auf der Bühne.
Frage: Es gibt alljährlich ein Highlight in deiner Heimatstadt für deine Fans erzähl doch bitte etwas darüber.
Rudy: Der Tourismusverband Leifers organisiert jedes Jahr am 2. Wochenende im Juni das „Rudy Giovannini Köfelefest“. Wir gehen zusammen wandern, in diesem Jahr z.B. zum Peterköfele, einem kleinen Kirchlein über Leifers. Am nächsten Tag findet dann das Fest statt, aus ganz Europas kommen die Fans angereist, einfach herrlich. Leider passen in das Zelt nur ca. 1000 Personen. Viele bekamen keine Eintrittskarten mehr, darum werden wir im nächsten Jahr 2 Tage feiern, nämlich am 6. und 7. Juni.
Frage: Wie sieht Dein Leben aus, wenn du nicht auf der Bühne stehst oder für Deine Fans unterwegs bist?
Rudy: In meiner Freizeit fahre ich gern mit dem Rad oder lese, aber sie ist sehr wenig geworden. Ich verbringe die meiste Zeit für meinen Beruf, den ich liebe.
Frage: Wie pflegst/trainierst Du Deine Stimme, damit die Qualität erhalten bleibt?
Rudy: Ich trainiere viel und mache meine Stimmübungen, man muss außerdem gesund leben. Wenn man gesund ist, ist es die Stimme auch. Die Stimme ist unser wichtigstes Instrument, man muss vorsichtig mit ihr umgehen.
Das Interview wurde geführt von: Marietta Reiß und Carmen Reinold (Fanclub Neckar-Alb). Wir danken Rudy Giovannini, dass er sich die Zeit dafür genommen hat und wünschen ihm für den weiteren privaten und beruflichen Weg alles Gute und viel Erfolg.